Institut für Indologie und Tibetologie
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Drei illuminierte Manuskripte zur „tibetischen Geomantie“ (sa dpyad)

Vor einigen Jahren erwarb die Bayerische Staatsbibliothek in München drei illuminierte Manuskripte (Cod. Tibet. 895, 896, 897) zur tibetischen Geomantie, die aus der Mongolei stammen und vermutlich im 19. oder 20. Jahrhundert abgefasst wurden. Der Autor ist nicht bekannt, doch eine erste Inhaltsanalyse ergab, dass die Texte auf dem 32. Kapitel des Vaiḍūrya dkar po beruhen, ein Werk des sde srid Sangs rgyas rgya mtsho (1653-1705). Der Autor hat den Inhalt dieses Kapitels nach folgenden Themen zusammengestellt: Geeignete Plätze für die Errichtung eines Gebäudes, ungeeignete Plätze und die Abfolge der „Erdfeinde“ (sa dgra).
Die Bearbeitung der Manuskripte soll zur Erforschung der tibetischen Geomantie sowie der sino-tibetischen Divination (nag rtsis) beitragen.

Three illuminated manuscripts on “Tibetan geomancy” (sa dpyad).

Some years ago, the Bavarian State Library acquired three illustrated manuscripts on geomancy (Cod. Tibet. 895, 896, 897) from Mongolia. They were most probably written in the 19th or 20th century. The author is unknown, but an initial analysis of the texts makes it clear that they are based on chapter 32 of the Vaiḍūrya dkar po, a work by Sde srid Sangs rgyas rgya mtsho (1653–1705). The author arranged the texts according to three subjects: places that are suitable for construction, places that are unsuitable for construction and the succession of the “earth enemies” (sa dgra). The study of the manuscripts should contribute to research on Tibetan geomancy and Sino-Tibetan divination (nag rtsis).

Die Biografie von Ngawang Tsering (1657-1734)

Ngawang Tshering war der bekannteste buddhistische Yogin aus Zanskar/Ladakh im westlichen Himalaya, der eine außergewöhnliche Autobiografie hinterlassen hat. Er schildert darin zu Beginn ausführlich seine Kindheit, sein karges Leben und die Auseinandersetzungen mit seiner Stiefmutter. Diese detaillierten Kindheitserinnerungen sind ungewöhnlich, da tibetische Biografien zumeist als Hagiografien verfasst werden, die Aspekte aus dem Alltagsleben unberücksichtigt lassen.
Die Gesamtbiografie gewährt nicht nur Einblicke in den frühen Werdegang dieses Anhängers der Drukpa-Schule des tibetischen Buddhismus sondern auch in sein späteres Wirken als Lehrer, der einen anhaltenden Einfluss auf die religiösen Traditionen von Zanskar und Ladakh im 18. Jh.hatte.

The biography of Ngawang Tsering (1657-1734)

Ngawang Tsering was a famous Buddhist Yogin from Zanskar/ Ladakh in the Western Himalaya, who has left an extraordinary autobiography. In this work, he describes in great detail his childhood, his hard life and his confrontations with his stepmother.
These accounts of his childhood, especially his daily life, are unusual in Tibetan biographies and autobiographies, which are generally written as hagiographies and do not provide details of the experiences of daily life.
This biography as a whole allows not only insights into the early life of this member of the Drukpa school of Tibetan Buddhism, but also into his later activities, activities that had a lasting influence on the religious life in Zanskar and Ladakh in the 18th century.

Frauenheilkunde in der tibetischen Medizinliteratur

Fördergeber: DAAD (2015-2018)
Durchführung: Isabella Würthner, M.A.

Die tibetische Medizin, das „Wissen vom Heilen“ (gso ba’i rig pa) wird als eine buddhistische Wissenschaft betrachtet, die auf Konzepten wie etwa dem der Unwissenheit beruht. Aus dieser primären Krankheitsursache entstehen die drei Geistesgifte Gier, Hass und Verblendung, die wiederum mit den drei Humores (nyes pa gsum) „Wind“ (rlung), „Galle“ (mkhris pa) und „Schleim“ (bad kan) in unmittelbarer Verbindung stehen. Die Humores werden als Bestandteile des Körpers betrachtet und deren Unausgeglichenheit hat die jeweiligen Krankheiten zur Folge.
Das Standardwerk für die Grundlagen der tibetischen Medizin sind die sogenannten „Vier Tantras“ (rgyud bzhi), auf diesem Werk basiert heute noch die Ausbildung der tibetischen Ärzte in der Autonomen Region und im Exil. Die Vier Tantras sind in unterschiedliche Kapitel unterteilt, wobei die Frauenkrankheiten (mo nad) bzw. gynäkologischen Erkrankungen hauptsächlich im dritten Tantra (man ngag rgyud) behandelt werden.
Ziel der Arbeit ist die textkritische Analyse und Übersetzung der Kapitel zu den gynäkologischen Erkrankungen samt ausgewählter Kommentarliteratur wie beispielsweise das Mes po’i shal lung des Blo-gros rgyal-po (1509-1579) und Vaiḍūrya sngon po des sde srid Sangs-rgyas rgya-mtsho (1653-1705). Diese Grundlagenforschung soll ein Einblick in die tibetische Sichtweise gynäkologischer Erkrankungen erlangt und das entsprechende medizinische Vokabular erschlossen werden. Die philologische Arbeit wird durch Feldforschungen bei tibetischen Ärzten in Indien ergänzt.

Leben und Wirken des Gelehrten Shes rab rgya mtsho (1884-1968)

Durchführung: Judith Petry, M.A.

Der tibetische Gelehrte Sherab Gyatso (Shes rab rgya mtsho, 1884-1968) aus Amdo wurde aufgrund seines hervorragenden Rufes vom 13. Dalai Lama gebeten, die Werke von Bu-ston Rin-chen-grub neu zu bearbeiten. Anschließend wurde ihm die Verantwortung für die Überarbeitung des Lhasa-bKa’-’gyur übertragen. Er selbst war Autor mehrerer Texte zu verschiedensten Themen (gesammelt und herausgegeben von der Qinghai Nationalities Press) Er war eine schillernde Persönlichkeit und sehr aktiv. So lehrte er im Kloster ’Bras-spungs, überwachte dort und auch in Se-ra und dGa’-ldan die „Debattier-Prüfungen“. Auf Einladung der chinesischen Regierung reiste er nach dem Tod des 13. Dalai Lama in die damalige Hauptstadt Nanjing, hielt später Zeit Vorträge an großen staatlichen Universitäten der VR, erteilte Belehrungen zum Tibetischen Buddhismus und bekleidete mehrere Ämter: er war Vizepräsident der Provinz Qinghai, Stellvertreter für Qinghai im Nationalen Volkskongress und Vorsitzender der Chinesischen Buddhistischen Gesellschaft. In seiner Funktion als Präsident der „Gesellschaft für die Förderung Tibetischer Kultur“ versuchte er sich als Mittler zwischen der Chinesischen und Tibetischen Kultur. Ab 1939 war Sherab Gyatso mit dem Aufbau einer Schule in seinem Heimatkloster dGa’-ldan ’Phel-gyas gling in der Region rDo-sbis in Amdo beschäftigt. Dort studierten ordinierte Mönche zusammen mit tibetischen und chinesischen Laien den Buddhismus sowie die tibetische und chinesische Sprache. Sherab Gyatso versuchte, die tibetische Tradition der buddhistischen Erziehung mit dem modernen chinesischen Bildungssystem zu verbinden.
Grundlage für das Forschungsprojekt bilden die Biografie von lHa rams pa sKal bzang rgya mtsho: „rJe btsun dam pa shes rab rgya mtso‘i rnam thar“ (2010), die Publikation von Phun tshogs: „Dge bshes Shes rab rgya mtsho dang Rdo sbis grwa tshang“ (1998) und die gesammelten Werke von Sherab Gyatso „rJe brtsun shes rab rgya mtsho ‘jam dpal dgyes pa‘i blo gros kyi gsung rtsom“ (1984).
Ein Ziel der Arbeit ist die Untersuchung der Frage, ob und wenn ja, wie Sherab Gyatso die Sino-Tibetische Schulbildung und den allgemeinen Dialog zwischen Tibet und China in den Jahren vor der Machtergreifung durch die Kommunisten beeinflusst hat.