Institut für Indologie und Tibetologie
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Forschung

Aktuelle Forschungsprojekte

 

  • "Buddhistische Handschriften aus Gandhāra"

Die Entdeckung der ältesten buddhistischen Handschriften – geschrieben vom ersten Jh. v. Chr. bis zum vierten Jh. n. Chr. in der Gāndhārī-Sprache und Kharoṣṭhī-Schrift – hat unser Verständnis dieser formativen Phase des Buddhismus auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Auf dem Weg von Indien durch Gandhāra nach Zentralasien und China entwickelte sich der Buddhismus zu einer Weltreligion, und Gandhāra spielte dabei eine zentrale Rolle in der Ausformung der buddhistischen Scholastik, des Mahāyāna und der buddhistischen Kunst. Das Vorhaben »Die frühbuddhistischen Handschriften aus Gandhāra: religiöse Literatur an der Schnittstelle von Indien, Zentralasien und China« vervollständigt die Edition aller bekannten Gāndhārī-Handschriften, trägt zur Erstellung eines Gāndhārī-Wörterbuchs bei und erarbeitet eine umfangreiche Historische Grammatik der Gāndhārī-Sprache, eine Paläographie der Kharoṣṭhī sowie eine Geschichte der Literatur und des Buddhismus in Gandhāra. Bei der Erforschung der Gāndhārī-Schriftrollen der British Library arbeitet es mit dem »Early Buddhist Manuscripts Project« (University of Washington) zusammen, und es führt die Arbeit des DFG-Projekts »The Bajaur Collection of Buddhist Kharoṣṭhī Manuscripts« (Freie Universität Berlin, 2005–2012) fort. Es wird im Rahmen des Akademienprogrammes von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften betreut und ist an der Ludwig-Maximilians-Universität in München angesiedelt.

Weitere Informationen: https://www.gandhara.indologie.uni-muenchen.de/index.html 

 

In der modernen Wissenschaft werden einheimische Berichte übernommen, die die Ursprünge des tibetischen Buddhismus eindeutig in Indien verorten und stillschweigend den Anspruch Tibets, Erbe der orthodoxen Tradition zu sein, akzeptieren.
Dies vereinfacht die komplexe Geschichte der beiden Ausdehnungsphasen des Buddhismus nach Tibet im 7. und 11. Jahrhundert und lässt die prägenden frühen Beiträge der sinitischen Quellen außer Acht, die hauptsächlich von der Oase Dunhuang an der Seidenstraße ausgegangen sind, einem entscheidenden Ort der Interaktion zwischen den tibetischen und chinesischen Kulturen vom 8. bis 11. Jahrhundert.
Die in den Grotten von Dunhuang aufbewahrten Manuskripte belegen diese chinesisch-tibetische Verbindung in einheimischen Werken und Übersetzungen aus dem Chinesischen ins Tibetische.

Die Bemühungen, chinesische und sino-tibetische Einflüsse auf die Entstehung des tibetischen Buddhismus nachzuvollziehen, wurden bisher nicht systematisch erfasst.
Doch jetzt sind moderne Hilfsmittel verfügbar: die mit Handschriftenerkennung digitalisierten Manuskripte können methodisch untersucht werden, was ermöglicht, „Fingerabdrücke“ von tibetischen Übersetzungen aus dem Chinesischen zu identifizieren.

BEST zielt darauf ab, Schriften und andere Materialien sinitischen Ursprungs ausfindig machen und deren Einfluss auf den tibetischen Buddhismus identifizieren und bewerten.
Indem wir die Ursachen für die Bedeutung Dunhuangs untersuchen, wollen wir aufzeigen, unter welchen Bedingungen die Stätte ein multikulturelles Zentrum und eine Wiege der höheren buddhistischen Gelehrsamkeit wurde.

Es werden Studien durchgeführt zu einzelnen tibetischen Übersetzungen aus dem Chinesischen, zu chinesisch-tibetischen Sprachkontakten, zu Chos Grub, dem bedeutendsten Mönchsübersetzer von Dunhuang, und zu späteren tibetischen historiographischen Werken. Außerdem wird eine Datenbank tibetischer Manuskripte aus Dunhuang erstellt. Die erzielten Ergebnisse tragen zu einer grundlegenden Neubewertung der prägenden Einflüsse auf den frühen tibetischen Buddhismus bei.

 

  • DFG-Projekt, "Die frühen verlorenen Rechtskommentare der Mahāvihāra-Tradition", Dr. Aruna Gamage

 Ziel dieses Projekts ist die Wiedergewinnung von verlorenen frühen Rechtsauslegungen einer der ältesten kontinuierlich fortbestehenden Rechtstraditionen der Welt, nämlich des bis heute lebendigen buddhistischen monastischen Rechts (Vinaya) der Theravāda-Tradition (Mahāvihāra-Schule), dessen Anfänge etwa in das 3. Jh. v. Chr. zurückreichen.
Im Rahmen dieser Studie sollen in einem späteren Rechtstext (4./5. Jh.) enthaltene Zitate aus frühen, heute verlorenen Kommentaren (ca. 1. Jh. v. bis ca. 3. Jh. n. Chr.) zum Vinaya katalogisiert, ediert, und übersetzt werden. Auf Grundlage dieses Katalog soll eine sorgfältige Analyse der in diesen Zitaten zutage tretenden Auslegungen und deren Einordnung in die Entwicklung des buddhistischen Rechts vorgenommen werden. Die Studie wird damit einen wichtigen Beitrag zur buddhistischen Rechtsgeschichte, insbesondere zur Geschichte des buddhistischen Mönchtums sowie zur Geschichte der buddhistischen Rechtsauslegung liefern und die relevanten Materialien erstmals systematisch zugänglich machen.
Obwohl es eine Vielzahl buddhistischer monastischer Traditionen gibt, von denen jede ihren eigenen Korpus autoritativer Texte überliefert, den sogenannten Drei-Korb (Pāli Tipiṭaka, Sanskrit Tripiṭaka), der als "Wort des Buddha" gilt, ist die bis heute in Süd- und Südostasien lebendige Theravāda-Tradition die einzige Tradition, deren Kanon vollständig in einer indischen Sprache erhalten ist, nämlich in der mittelindischen Sprache Pāli. Dieser Kanon repräsentiert die Überlieferung der Mahāvihāra-Schule — die Texte anderer Untergruppen der Theravādin sind nicht erhalten.
Das monastische Recht (Vinaya), bildet den ersten Teil des Kanons. In ihm sind unter anderem die traditionell dem Buddha zugeschriebenen Regeln für Mönche und Nonnen enthalten, die auch für die Mönche und Nonnen der Gegenwart noch Gültigkeit haben. Während der Jahrtausende ihrer Anwendung kam es zu Veränderungen in der Gesellschaft, die es notwendig machten, manche dieser Regeln im Lichte der gesellschaftlichen Entwicklungen zu erklären. Daher sind im Laufe der letzten 2000 Jahre eine Vielzahl an Kommentaren und Subkommentaren zum buddhistischen Recht der Theravāda-Tradition geschrieben worden (zwanzig dieser Kommentare sind vollständig erhalten).
Für die Untersuchung der früheren Auslegungen ist der zwischen dem 4. und 5. Jahrhundert n. Chr. verfasste Vinaya-Kommentar namens Samantapāsādikā (= Sp) relevant, da der Autor sich auf frühere, heute verlorene Kommentare (ca. 1. Jh. v. Chr. bis 1.(?) Jh. n. Chr.), gestützt hat, aus denen er häufig zitiert. Diese verlorenen Kommentare sind 1) die Mahā-Aṭṭhakathā (50 Zitate), 2) die Kurundī-Aṭṭhakathā (108 Zitate), 3) die Mahāpaccarī-Aṭṭhakathā (133 Zitate), 4) die Saṅkhepa-Aṭṭḥakathā (12 Zitate) und 5) die Andhaka-Aṭṭhakathā (19 Zitate). Im Rahmen dieses Projekts soll ein vollständiger Katalog der 303 Zitate der ersten vier genannten Kommentare erstellt werden (der fünfte ist bereits Gegenstand einer anderen Untersuchung gewesen). Durch eine genaue Analyse der einzelnen Zitate sollen unterschiedliche Ausrichtungen der Kommentare festgestellt und beleuchtet werden. Durch Heranziehung der drei wichtigsten Subkommentare zum Vinaya — Vajirabuddhiṭīkā (Vjb, 10. Jh. n.Chr.), die Sāratthadīpanīṭīkā (Sp-ṭ, 12. Jh. n.Chr.) und die Vimativinodanīṭīkā (Vmv, ca. 12-13. Jh. n.Chr.) — wird es außerdem möglich werden das Fortleben dieser frühen Traditionen in späteren Jahrhunderten zu verfolgen.

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